Ein Blick hinter die Fassaden der Arcaden
Regensburg. Armdicke Kabel, gebündelt in orange und schwarze Stränge, ziehen sich durch den Raum tief im Keller. Hunderte Kilometer Leitungen zweigen von hier ab und versorgen das Gebäude, das die Fläche von vier Fußballfeldern umfasst, mit Elektrizität. Haustechniker Heinrich Lanzl steht vor den Schaltschränken und erklärt der Klasse 8G der Mittelschule Wörth, wie hier der Strom geregelt und verteilt wird. Sein Mobiltelefon klingelt - was noch sehr oft an diesem Tag geschehen wird. Eine Leuchte ist ausgefallen, erfährt Lanzl. Er wird sie später austauschen. Das tut er oft. Denn im Shopping Center Regensburg Arcaden leuchten Tausende LED und Halogenstrahler. Entsprechend häufig geht auch mal eine Lichtquelle kaputt.
Lanzl ist einer von vier Haustechnikern, die dafür sorgen, dass in den Arcaden überall Licht brennt, das Wasser aus den Leitungen fließt, die Toiletten funktionieren, die Stromversorgung gesichert ist, gute Luft herrscht, dass die Zuluft der Lüftung 16 Grad bringt und neuerdings, dass es den Bienen gut geht. Ernsthaft.
Denn das Management der Regensburg Arcaden legt Wert darauf, die Umwelt zu schonen. Wichtig ist dabei zum Beispiel, dass man sich ausschließlich mit Ökostrom versorgen lässt. Bei einem Verbrauch von 120.000 bis 155.000 Kilowattstunden pro Monat fällt das durchaus ins Gewicht. Zum Vergleich: Ein Vier-Personen-Haushalt kommt ungefähr mit 5000 Kilowattstunden aus - im Jahr. Dabei hat das Center die Beleuchtung auf den Allgemeinflächen konsequent auf stromsparende LED umgestellt.
Wichtig ist aber auch, dass am Dach seit Frühjahr 2017 drei Bienenstöcke aufgestellt sind. Bekanntermaßen haben die Honigsammler immer mehr ihre liebe Not, zu überleben. Die Arcaden werden sie mit drei Stöcken nicht retten, aber sie helfen und setzen ein Signal.
Hier oben umwölbt eine gigantische Glaskuppel das Center und flutet die Einkaufsmeile mit Tageslicht. Nur „wenige“ - 115 - dieser Fenster lassen sich öffnen. Die meiste seiner Arbeitszeit verbringt Lanzl jedoch unten, im Keller, dem Funktionszentrum. Er kennt ihn gut, er arbeitet seit der Eröffnung im Jahr 2002 bereits hier. Sein Job besteht im Wesentlichen darin, Geräte zu warten und schnell zur Stelle zu sein, sobald etwas den Dienst versagt.
Wichtig ist, dass die gesamte Sicherheitstechnik zweifellos bereit steht. Der größte Aufwand wird betrieben, um auf Feuer reagieren zu können. Gigantische Tanks halten Wasser bereit, das im Falle eines Alarms in Sekundenschnelle über die Sprinkler versprüht würde. Die Sprinkler stehen übrigens immer unter Druck, genau 9 Bar. Jeder einzelne von ihnen reagiert autonom auf Wärme. Es gibt unterschiedlich reagierende Sprinkler. Solche mit roter Flüssigkeit etwa bringen den Glasbehälter bei einer Temperatur von 68 Grad zum Platzen. Einen Feueralarm gab es in den Arcaden seit ihrer Eröffnung ausschließlich zu Übungszwecken.
Dicke Luft kann aber auch im Parkhaus entstehen. Gibt es dort dichten Verkehr, so besteht die Gefahr, dass sich zu viel Kohlenmonoxid aus den Auspuffen anreichert. Das ist durchaus gefährlich. Lanzl und Kollegen überprüfen und überwachen deshalb die vorgeschriebene Sicherheitsanlage mit den nötigen Sensoren.
Im Alltag spielen Temperaturen eine wichtige Rolle, um Kunden und Beschäftigten in ein Wohlfühlklima zu hüllen. Mit Hilfe der Lüftung wird sichergestellt, dass stetig eine angenehme Temperatur vorherrscht, sowohl auf den Fluren als auch in den einzelnen Geschäften. Dort allerdings entwickeln mitunter starke Halogenstrahler eine enorme Abwärme, sodass manche Läden zusätzliche Klimaanlagen einsetzen.
Außerhalb der Routinen sind Lanzl und seine Kollegen bei Events gefragt. Sie verlegen Böden, bauen Bühnen auf - je nach Veranstaltung. Ihr Aktionsgebiet reicht übrigens nicht bis ins Cinemaxx. Das Großkino befindet sich, auch wenn man es kaum erkennen kann, in einem eigenen Gebäude.
Sichtbar sind die Haustechniker bei ihrem Job selten. Meist bewegen sie sich in den für die Kunden verborgenen Arealen. Sie wollen und sollen nicht auffallen. Am besten läuft es für sie und das Center, wenn keiner merkt, dass sie da sind. Aber sie haben alles fest im Blick, auch Details. Und so schubst Heinrich Lanzl einen verirrten Zierstein im Vorbeigehen zurück in den Pflanzentrog - ganz beiläufig und unauffällig.